SVD-Vereinszeitung Ausgabe 03 / 2000 - Seite 5 -
Wortlaut des Briefes vom SVD an den Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Berlin

Rodgau, den 01.03.2000

Sehr geehrte Frau Dr. Kenzler und Mitarbeiter,

wir möchten Sie und Ihre Mitarbeiter noch einmal auf unser Anliegen aufmerksam machen und schicken Ihnen einige Unterlagen.

Anhand dieser Unterlagen lernen Sie unsere Arbeit ein wenig kennen. Auch dass uns die Zeit davon läuft. Wir haben sehr schwer geschädigte Mitstreiter. Viele mußten die Zahlungen einstellen, weil sich das Einkommen drastisch verringert hat und sich die Immobilie als Steuersparmodell, zumal bei 2.200 DM Einkommen, für sie natürlich nicht gerechnet hat:

· Den Betroffenen wurde eine Mietgarantie versprochen und mit Hilfe der Einsparung bei den Steuern eine sich selbst tragende Investition vorgegaukelt.

· Es wurde die Steuerersparnis so angepriesen, mit der jeder auch noch etwas für die Rente sparen könne, wobei jedoch keiner erkennen konnte, dass diese Steuereinsparung gar nicht greift.

· Es wurde selbst denen ein Vorteil vorgerechnet, die nur 2.200 DM als Einkommen haben. Die Unerfahrenheit der Käufer machte sie sogar zur ausdrücklich erklärten Zielgruppe für sogenannte Drücker aus Strukturvertrieben. Hätte einer von den Geschädigten Erfahrung gehabt, hätte er sich auf einen solchen Kuhhandel nie eingelassen.

· Die Immobilie wurde im Paket angeboten. Das heißt, der Treuhänder lieferte alles. Den Notar, den Kreditgeber, die Verwaltung, den Steuerberater und einen Vertrag, um den sich keiner kümmern mußte.

· Den Kaufvertrag erhielten sehr viele Geschädigte erst Monate oder gar zwei Jahre später.

· Die Geschädigten wurden vom Finanzberater zum Essen eingeladen und höchstpersönlich zum Notar und wieder zurück gefahren, waren der Situation, die sie ja so noch nie erlebt hatten, gänzlich ausgeliefert. Sie wussten nicht, was mit ihnen wirklich geschah und wie sie vorsätzlich durch interne, versteckte Absprachen mehrerer Beteiligter, die so immer wieder zusammenarbeiteten, ausgenommen werden sollten.

· Der Notar war oft mit von der Partie der Gegenseite, klärte nicht auf, las nur irgendwelches Amtsdeutsch nuschelig vor, fertigte die Leute abends nach Feierabend und am Wochenende, ja z.T. sogar im Sammeltermin ab!

· Sie unterschrieben nicht mehr als einen Geschäftsbesorgungsvertrag, bei dem vorsorglich weitreichende Vollmachten mit einer einzigen Unterschrift gleich mit unterschrieben wurden. Diese Vollmachten wurden nicht ohne Grund verschwiegen oder ganz geschickt später erst dazu geheftet, z.B. als eine Mittelseite. Diese wurde dann sogar geringt oder genietet, so dass der Käufer vor Gericht als Lügner hingestellt werden kann und auch wird. Einer unserer Geschädigten wurde von einem Gericht als Betrüger bezeichnet, weil seine Selbstauskunft unter anderem nicht ordentlich angegeben war. Nur wurde nach dieser beim Abschluß gar nicht gefragt. Irgendwie kam die Bank aber doch an diese Selbstauskunft ...

·Der Geschäftsbesorgungsvertrag enthielt u.a. eine gut versteckte, aber vernichtende Unterwerfungsklausel in die sofortige Zwangsvollstreckung, die der Bank im Falle des notleidenden Kredites (was früher oder später ja eintreten musste) sofort einen vollstreckbaren Titel ohne ein Gerichtsverfahren an die Hand gab und den Gerichtsvollzieher zur Pfändung ermächtigte. Das war dann spätestens der Anfang vom Ende.

Die Banken, die diesen Handel mit den Treuhändern ausmachten, stehen nun zwar vereinzelt vor Gericht, aber der Fehler wird überwiegend nur beim Käufer gesucht und auch gefunden. Statt den Betrogenen zu helfen, sprechen Richter durch falsche Voreingenommenheit (reiche Ärzte / Zahnärzte / Selbständige sind jedoch eine ganz andere Klientel) oder Nichtlesen der Akten den Betrügern auch noch Recht. So hatten wir auf Geschädigtenseite bereits drei Suizide mit allen Folgeerscheinungen zu beklagen, andere setzen sich mit diesem Gedanken schon ernsthaft auseinander. Die Kriminellen in Nadelstreifen werden hingegen geschützt. Sie trifft selten eine Schuld, da sie clever für den vorhersehbaren Fall mit Fußangeln und Klauseln im Kleingedruckten, was ohnehin allenfalls Juristen verstehen könnten, vorgesorgt haben.

Mit diesen Verträgen wurde schon so viel soziales Elend geschaffen und es geht weiter. Man muss bereits und längst von sozialem Sprengstoff sprechen, insbesondere im Hinblick auf die Erwerber in den neuen Bundesländern, deren Gutgläubigkeit und Erwartungshaltung bei all den genannten Gewinnversprechen besonders schändlich ausgenutzt wurde (nebenbei nicht gerade förderlich angesichts der vielen Mauern noch in den Köpfen ...).

Es ist längst an der Zeit, dass das alles aufhört und wieder der Gerechtigkeit Vorschub geleistet wird. Helfen Sie uns dabei, diese Machenschaften auch dem Rechtsausschuß zu verdeutlichen. Wir würden gerne ein intensives, ernsthaftes Gespräch mit Mitgliedern des Rechtsausschusses führen. Wir bitten dazu um einen zeitnahen Termin.

Mit freundlichen Grüßen