Großveranstaltung in Sachen Bankenhaftung ...

- Info via SVD -

Samstag den 24.11.01

Die Großveranstaltung am 24.11.01 in der Lokhalle Göttingen war von regem Interesse und guter Medienpräsenz geprägt. Ich möchte hier für den SVD das Treffen kurz - es sollte kurz werden - zusammenfassen, vornehmlich für alle diejenigen, die bei diesem Treffen leider nicht dabeisein konnten.

Schätzungsweise rund 1.100 Menschen kamen zusammen, nicht wenige aus eigenen WEGs mit mitgebrachten Spruchbändern und Transparenten. Auch Flugblätter, die die Misere als organisierten Massenbetrug mit System darstellten, wurden verteilt. 2 TV-Teams waren zumindest anwesend, eins vom NDR und eines vom SWR, darunter auch ein PlusMinus-Team.

Auf dem Podium anwesend waren RA Dr. Fuellmich, RA Dr. Gallandi, RA Ahr, RA Dr. Ausborn, RA Feck und RA Gründig. Die Veranstaltung begann ziemlich pünktlich um 11 Uhr, sollte offiziell um 16 Uhr enden, jedoch aufgrund der Beiträge und Themenvielfalt zog sich das Treffen doch bis gegen 17:30 Uhr hin.

RA Dr. Fuellmich berichtete anschaulich unter Auflegen zahlreicher Folien auf den Overheadprojektor über die als Beweise zusammengetragenen Dokumente aus dem sog. IWD-Ordner der HVB, die von eindeutigem Schriftverkehr initiativ ausgehend von der Bank an Strukturvertriebe zeugten und auch Anweisungen enthielten, wie bestehende Gesetze umgangen werden könnten (z.B. HTWG-Umgehung dadurch, daß sich Vermittler bestätigen lassen sollten, bestellt worden zu sein, damit nicht der Vorwurf eines unangekündigten Besuchs zu Hause (Überrumpelung) greifen sollte). Seit dem 11.10.01 gibt es auch ein neues Urteil des III. Senats des BGH zur Verletzung des RBerG, wonach der XI. Senat seine Sichtweise der Rechtsscheinerzeugung für vom Treuhänder der Bank vorgelegte Vollmachten relativieren müsse. Im Grunde war der Treuhänder gar kein solcher, sondern trat doch faktisch als Vermittler der Bank auf, da reihenweise ganze Wohneinheiten mit demselben Treuhänder und derselben Bank zur Finanzierung kamen. Das stellt eine geschäftsmäßige Zusammenarbeit dar, die unter den Beteiligten zuvor eingefädelt worden war - was wir ja immer ahnten oder sogar wußten. Die sog. Trennungstheorie, die die Banken vertreten wollen, wackelt jetzt immer mehr, da die Einheitlichkeit des verbundenen Geschäfts zwischen Kredit- und Kaufvertrag anhand der vorgeführten internen Unterlagen immer deutlicher wurde. Deshalb kann nur von einem organisierten Massenbetrug die Rede sein, wie es so auch Dr. Ausborn später unterstrich.
Schon 1995 hatte die HVB Angst vor dem HTWG, weshalb sie entsprechende Schreiben an ihre Vermittlungsstrukturen in Umlauf brachte, wie man diesbezügliche Schutzparagraphen für den Verbraucher umgehen könne (!). Im Falle die ZV von der HVB betrieben wird, seien schon diverse Firmen aufgetreten, die in Wahrheit Tochterunternehmen der HVB darstellen, um mitzubieten und die Schrottimmobilien gleich anschließend ein weiteres Mal oder gar noch ein weiteres Mal auf die bekannte Weise unters Volk zu verhökern. Dr. Fuellmich legte hierzu eine Folie mit zahlreichen Firmennamen dieser Strohmann-Gesellschaften auf. Auch das Handelsblatt habe am 11.10.01 über die Machenschaften des Immobilienbetrugs berichtet - ein Blatt, das seriöses Ansehen genießt. Die von der HVB extra gegründete Abtlg. "Workout Immobilien" habe nichts anderes zu tun, als mit den lästigen und immer mehr aufmüpfig werdenden Geschädigten fertig zu werden, um diese ruhig zu stellen. Dazu werden schonmal unkonventionelle Vergleichsangebote seitens der Bank gemacht. Die seinerzeit genannte Zahl zu bildender Rückstellungen von 3,6 Mrd. DM bei der HVB betraf übrigens nur faule Kredite im Zusammenhang mit gewerblichen Immobilien. Inzwischen gehe man von rund 26 Mrd. DM Kreditschaden aus im Feld der uns bekannten Art verhökerter Steuersparimmobilien an Durchschnitts- und Kleinverdiener. 108.000 Fälle, durch die HVB finanziert, werden ja bereits unstrittig zugegeben.

Ein Hoffnungsschimmer sei auch dadurch gegeben, daß die bereits ausgesprochenen Freisprüche für Vorständler der ehem. Spk Mannheim durch den BGH wieder aufgehoben worden seien; die Obergauner einer Bank oder Sparkasse, die sich selbst bzw. ihr Unternehmen ungerechtfertigt bereichert hatten, sollen also doch nicht so einfach davonkommen.

Es wurde noch ein Aufsatz zum Thema von Prof. Günther Schanz genannt, der im Internet abrufbar sei unter: www.zfwu.de Dieser Abruf ist für lediglich 2,50 ? kostenpflichtig, zeigt aber auf 21 Seiten umfangreich die Hintergünde zu dem "Grundvorgang und Folgen massenhaft betriebener Immobilienfinanzierung" (so das Thema der Arbeit).

Dr. Fuellmich berichtete über den Stand der Sammelklagen in den USA, die er in der Woche zuvor für 4 Tage besucht hatte. Dort leben Geschädigte, die durch gleiche Art über die bekannten Großbanken zu überteuerten Immobilien gekommen sind. In den USA wird aber mit Beweisangeboten anders umgegangen als in Deutschland - vornehmlich bei Münchener Gerichten z.B., die Beweisangebote vielfach gar nicht zulassen, da das Land Bayern und die ALLIANZ Großaktionäre der HVB seien (!) -, nämlich werden Beweisverfahren auch durchgezogen. Zudem würden die Schadensersatzsummen immens hoch ausfallen, von z.T. bis zum 3-fachen des entstandenen Schadens war die Rede.

Interessante Schriftsätze (zweisprachig) und Urteile werden über die Homepage www.fuellmich.com zum freien Download bereitgehalten.

Herr RA Dr. Gallandi sprach ab 14:30 Uhr über die §§ 134,138 BGB sowie §823(2) BGB. Alles, was die Rendite mindere, sei aufklärungsbedürftig - so schon der BGH seit 1995. Dazu gehöre insbesondere die nicht offengelegte Innenprvision bei den reinen Steuermodellen, deren %-Satz von 14 % bis an die 50 % reicht, also ein wahrhaft riesiges Spektrum mit viel Luft für den Vertrieb bietet. Der sog. Gesamtaufwand (GA) wurde durch diese Innenprovisionen sehr aufgebläht, was wiederum weitere überhöhte Kosten nach sich zog, da ja auch die offengelegte Außenprovision (Maklercourtage von 3-5%) sich immer nach dem GA richtete - man wurde also doppelt abgezockt.

Herr RA Gründig stellte ab 15 Uhr die Machenschaften im Umfeld zum pleite gegangenen WGS-Fonds dar, bei dem neben der L-Bank Baden-Württemberg auch viele Volksbanken involviert seien. Er hat sich das WGS-Umfeld zu seinem Spezialgebiet gemacht und stellt dazu auch einiges auf seiner Homepage www.rae-gruendig.de dar.

Herr RA Feck würdigte das große Engagement aktiv tätiger, organisierter Geschädigter, die auch mit Transparenten auf sich aufmerksam machten (Badenia - Allwo). Ebenso hob er die gute Zusammenarbeit zwischen den RAen hervor, die auf dem Podium anwesend waren (und weiteren, die heute verhindert waren) und sich nicht in ihrer Arbeit durch Vorenthaltung von Informationen oder Unkerei gegenseitig behindern. Das an Mandanten zu bearbeitende Feld sei ohnehin größer, als daß alle Fälle im Moment bewältigt werden könnten. Er hielt ein Heft "Cash - Spezial" hoch und teilte mit, daß gemäß den dort verbreiteten Kleinanzeigen solch windige Immobiliengeschäfte immer noch laufen - nun ist ja gegen Jahresende auch wieder "Jagdsaison". Sein Spezialgebiet sind auch die HAT-Fonds, die ähnlich dem WGS-Fonds kapitalvernichtende Not litten.

Nach einer Pause, um den TV-Teams auch Gelegenheit zu geben, O-Töne einzufangen, ging es um 16 Uhr mit Herrn RA Ahr weiter. Er berichtete nochmals kurz von der Pressekonferenz des 01.10.01 des vzbv (Verbraucherzentrale-Bundesverband) in Berlin (Berichte dazu standen ja seinerzeit ausführlich auch in unserer infoline). Außerdem arbeite die Bankenlobby bereits emsig an der Umsetzung eines für uns positiv ausgehenden EuGH-Urteils (das terminlich für den 13.12.01 erwartet wird), um eine möglichst effektive Schadensbegrenzung zu erreichen. D.h., es könnte trotz positiv ausgehendem EuGH-Urteil der Nutzwert für uns tatsächlich geringer sein, als man daraus ableiten wollte. Dennoch wird ein Urteil, das sich durch die Bankenlobby eben nicht beeinflussen läßt, immerhin eine Signalwirkung geben, was auch die Banken mit für sie saurem Beigeschmack werden zur Kenntnis nehmen müssen.

Abschließend kam RA Dr. Ausborn ab 16:10 Uhr zu Wort. Er stellte dar, wieso eine derartige Rechtsprechung, wie wir sie in Deutschland haben und wie sie für uns oft unverständlich und unnachvollziehbar ist, möglich sei. Ein Grund sei die Steuergesetzgebung, die so im Ausland nicht zu finden sei. Wenn dort derartige Immobiliengeschäfte nach dem uns bekannten Muster mit windigen Vermittlern getätigt würden, wäre sogleich die Polizei vor Ort. Auch nicht zufällig sei just im Jahr 1989 der XI. Senat am BGH - der Bankensenat - neu gegründet worden, als es mit dem Vertrieb der Steuersparmodelle an Kleinanleger so richtig losging. Dieser Senat brachte bald die sog. Trennungstheorie auf, die für die Abzocker ein Schlupfloch, um bestehende Gesetze umgehen zu können, darstellt. Im Jahre 1996 kehrte der XI. BGH-Senat jedoch unter Schimanski allerdings zunächst zur Rechtsprechung des III. Senats zurück, worunter im September '96 auch das Erfüllungsgehilfenurteil fiel. Doch im Frühjahr 2000 wurden gleich 3 Urteile durch den XI. Senat gefällt, sowie im Mai 2001 eines, die allesamt bankenfreundlich ausgingen. Dies schuf einen neuen Rechtsfreiraum für die Banken. So sollte der §9 VerbrKrG ausgeschlossen werden, denn die Frage ist, ob der Kredit als Realkredit oder als Personalkredit zu betrachten ist. Beim Realkredit sei kein Widerruf möglich, ebenso auch kein Einwendungsdurchgriff. Allerdings nehmen es die Banken, wie sie es brauchen: Argumentiert man, der Kredit gründe sich auf die angebliche Werthaltigkeit des Objektes, wird behauptet, daß das Gros des Kredites ein Personalkredit darstelle, also von der persönlichen Bonität getragen sei. Andererseits gelte aber das HTWG nicht (denn es gelte nicht bei Realkrediten) bzw. habe sich der involvierte Treuhänder, der ja in Vertretung den Kreditvertrag abschloß, niemals in einer "Haustürsituation" befunden. Man sieht also, man kann es drehen und wenden wie man will, der BGH - vornehmlich der XI. Senat unter Gerd Nobbe als Vorsitzendem - ist bemüht, bankenfreundliche Urteile zu fällen, um der Kreditwirtschaft nicht das Desaster einer Lawine von Rückabwicklungsklagen und Verantwortlichkeit "zuzumuten". So auch die Aussage der Regierung, deren Antwort auf die "kleine Anfrage" der CDU als nichtssagend und ausweichend bezeichnet werden muß - wie auch RA Ahr unterstrich. Weiter machte Dr. Ausborn noch einige Ausführungen zu §278 BGB (Erfüllungsgehilfenschaft). Immerhin habe der III. Senat des BGH im Oktober 2001 aber ein Urteil gefällt, wonach Geschäftsbesorgungsvertrag und Vollmacht nichtig seien, wenn der Treuhänder das RBerG verletzt habe (weil er selbst kein RA war, jedoch in umfangreichem Maße Rechtsbesorgung für den Vollmachtgeber betrieben hat). Daraus folge, daß nun auch nach dem XI. Senat viele Vollmachten eben doch nichtig seien.

Die Veranstaltung ließ dann noch Gelegenheit zu vielen persönlichen Gesprächen, auch die RAe standen noch hierfür zur Verfügung. Die Medien machten weiter Aufnahmen mit Kamera und Mikrofon. Die Sendetermine werden aber erst ganz kurzfristig bekannt gegeben, um jedweder Einflußnahmemöglichkeit seitens der Banken wie mittels einstweiliger Verfügungen entgegenzuwirken. Es heißt sonst wieder "aus aktuellem Anlaß
... erscheint das und das vorgesehene Thema bis auf weiteres nicht". Solche Anlässe kann man auch künstlich generieren ...

Alles in allem eine gelungene Veranstaltung, die ihresgleichen sucht. Es ist jetzt auch für die letzte Bank klar: Wir wehren uns, wir informieren uns und sind vernetzt, wir organisieren uns, wir gehen an die Öffentlichkeit. Das ist genau das richtige Konzept, nämlich zu kämpfen und sich nicht auf "bequeme" (?) Vergleichsdiktate einzulassen. Leider glänzten auch RAe, die unserer Seite zuzuordnen zu sein müßten, durch Abwesenheit bzw. Desinteresse. Aber wer da war und auch dadurch Solidarität bewiesen hat, nämlich für die Sache zu kämpfen ohne Ansehen der Person, ist einerseits nicht enttäuscht worden und hat andererseits vieles mitnehmen können - daß sich die Arbeit lohnt, so mühevoll und nervenzehrend sie auch ist, und die Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein. Denn sonst ändert sich nie etwas. Besonderen Dank auch in diesem Zusammenhang an die aufwendige publizistische Arbeit von RA Dr. Fuellmich, ohne dessen Einsatz all dieses nicht möglich gewesen wäre und wir heute noch längst nicht so weit wären, wie wir bereits sind. Weiter so!!!


Mit freundlichem Gruß
L.B. Werner
(Stv. Vors. des SVD)